Sind Honorarärzte sozialversicherungspflichtig?

In der Frage, ob Honorarärzte im Notdienst sozialversicherungspflichtig sind oder nicht, sind offenbar ungewöhnliche Maßnahmen erforderlich, um die notärztliche Versorgung sicherstellen zu können.

Das Bundesarbeitsministerium und das Bundesgesundheitsministerium prüfen derzeit, welche Änderungen im Sozialversicherungsrecht nötig wären, um Honorarkräfte im Rettungsdienst unter Umständen von der Sozialversicherungspflicht auszunehmen.

Im vergangenen August brachte ein Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern die Diskussion um die Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten ins Rollen. Festgestellt wurde, dass Honorarärzte, die entsprechend ihrer ärztlichen Ausbildung in den klinischen Alltag eingegliedert sind und einen festen Stundenlohn erhalten, regelmäßig abhängig beschäftigt und damit auch sozialversicherungspflichtig sind. Die Notärzte im Rettungsdienst mussten sich in der Folge dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit stellen.

Das Urteil sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit. Laut Bundesverband der Honorarärzte stellt die Deutsche Rentenversicherung im Zuge von Betriebsprüfungen bei Rettungsdiensten für die dort tätigen Ärzte inzwischen „regelhaft“ eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fest.

Es bleibt abzuwarten, welche Lösung die Politik zur Sicherstellung der notärztlichen Versorgung findet.

Aufregung um Scheinselbständigkeit von Honorarnotärzten – Das Bundessozialgericht trifft keine klare Entscheidung

In den vergangenen Wochen war der Schrecken bei den Honorarnotärzten und Kliniken besonders groß, da in der Presse Schlagzeilen wie „Urteil zu Honorarnotärzten wirft Versorgungsprobleme auf“ oder gar „Notarztversorgung nach Entscheidung des BSG in Gefahr“ auftauchten.

Anlass dieser furchterregenden Nachrichten war ein Beschluss des BSG v. 1.8.2016, der allerdings erst Ende August 2016 in der Tages- und Fachpresse bekannt wurde. Ausschlaggebend für die Nachrichten bezüglich des Beschlusses des BSG war vor allem die Aussage des Fachanwalts für Medizinrecht bei BDO Legal, Dr. Stephan Porten, der über die Landesgrenzen von Mecklenburg-Vorpommern hinaus bundesweite Konsequenzen dieser Entscheidung ausmachte. Er vertritt öffentlich die Auffassung, dass das BSG klar gemacht habe, wie es auch in vergleichbaren Fällen entscheiden würde. Es müsse, so Dr. Portenwörtlich, „jetzt davon ausgegangen werden, dass die Sozialversicherungsträger die Entscheidung des BSG zum Anlass nehmen, die Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten jetzt ebenso in anderen Bundesländern gerichtlich durchzusetzen“.

Gleich zu Beginn die gute Nachricht vorweg: Das „Leben“ der Honorarnotärzte geht weiter! Es gibt nach wie vor keine höchstrichterliche Entscheidung des BSG, welche die selbständige Tätigkeit von Honorarärzten in Gefahr bringt, da sich das BSG in diesem Beschluss nicht inhaltlich mit der Tätigkeit eines Honorararztes befasst hatte.

Der Beschluss des BSG v. 1.8.2016 hat zunächst für viel Wirbel gesorgt. Die Befürchtung, dass Notärzte künftig alle sozialversicherungspflichtig angestellt werden müssen, hat sich nicht bestätigt. Aus der Entscheidung des BSG im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass es sich hier um allgemein gültige Aussagen des 12. Senats des BSG zum Status von Notärzten handelt. Vielmehr wird in dem Beschluss deutlich gemacht, dass die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig war und dass sich das BSG inhaltlich mit der Tätigkeit eines Honorararztes gar nicht befasst hat. Damit bleibt es bei dem Status quo: Es gibt keine höchstrichterliche Entscheidung zum Status der Honorarnotärzte, weder seitens des BSG noch seitens des BAG. Die divergierenden Entscheidungen der Instanzgerichte zur notärztlichen Tätigkeit auf Honorarbasis behalten ihre Wichtigkeit. Kliniken, Notärzte sowie Rettungsdienste sind gut damit beraten, im Einzelfall die Zusammenarbeit gut zu planen, zu strukturieren und weisungsfrei zu gestalten.

Das Problem könnte für die Zukunft gelöst werden, wenn der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung ähnlich wie in Österreich schafft: Dort wurde per Gesetz festgelegt, dass die Arbeit der Notärzte nicht als scheinselbständig gilt. Wie der Tagespresse zu entnehmen war, befürwortet laut Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler auch die Landesregierung Rheinland-Pfalz eine Ausnahmeregelung nach österreichischem Vorbild und möchte sich zusammen mit anderen Ländern dafür bei der Bundesregierung einsetzen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

(DStR 2016, 2535-2540)