In eigener Praxis niedergelassene Ärzte erzielen auch dann freiberufliche Einkünfte i.S.d. § 18 EStG, wenn sie ärztliche Leistungen durch angestellte Ärzte erbringen lassen. Zwingende Voraussetzung hierfür ist, dass sie aufgrund eigener Fachkenntnis und durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich und patientenbezogen auf die Tätigkeit ihrer angestellten Ärzte Einfluss nehmen.
Eine Gemeinschaftspraxis führte einen mobilen Anästhesiebetrieb ohne eigene Praxisräume. Ihre Tätigkeit übte sie in den Praxen von anderen Ärzten aus, die Operationen unter Narkose durchführten. Die Gemeinschaftspraxis beschäftigte eine angestellte Anästhesistin, die allein und entsprechend der Berufsordnung der Ärzte eigenverantwortlich in den Praxen der operierenden Ärzte tätig war.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass die Gemeinschaftspraxis trotz der Beschäftigung der angestellten Anästhesistin Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erziele. Die hierfür erforderliche Voraussetzung einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit der Praxisinhaber sei dadurch erfüllt, dass diese die Voruntersuchung der Patienten stets selbst durchführten, die anzuwendende Behandlungsmethode im Einzelfall festlegten und sich die Behandlung von problematischen Fällen vorbehielten.
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.7.2014, VIII R 41/12